Willkommen liebe Carnevalsfreunde
CCT gelb/weiß 58 e.V.

Die Landeszeitung 2009

Landeszeitung 12.2.2009

Tripkauer Karneval als Weg des Widerstands

 Tripkau/Amt Neuhaus. Nicht nur im Rheinland warten die Narren auf den bevorstehenden Höhepunkt der sogenannten fünften Jahreszeit, sondern auch in Amt Neuhaus. Weniger bekannt ist diese Karnevalshochburg, doch dafür nicht minder bedeutend.

“Die Sonne scheint, der Himmel lacht – das hat wieder die Partei gemacht” – Zündstoff dieses Kalibers enthielten die Büttenreden, die zur Zeit des DDR-Regimes in Amt Neuhaus geschrieben und zu Karneval verbreitet wurden. Das Bedürfnis nach politischer Meinungsäußerung wurde im Karneval kompensiert, erklärt Ernst-Wilhelm Voß. Seit der Gründung des Carnevals Club Tripkau 1958 ist der 68-Jährige aktives Mitglied. “Ursprünglich diente Karneval dem Volk dazu, endlich einmal Dampf abzulassen gegen die Obrigkeit.” Dieser rebellische Charakter macht für Voß das Närrische der Karnevalszeit aus und grenzt diese von den Faslamsfesten ab.

Voß ist eine der Hauptfiguren des Tripkauer Karnevals, seine zuweilen bitterbösen Büttenreden brachten ihm so manche Bestrafung von der SED ein. “Wir mussten unsere Reden bei der Abteilung Kultur zur Zensur vorlegen”, erzählt Voß. Doch habe man dort eine andere, mildere Version eingereicht. “Das ging natürlich immer nach hinten los, weil überall Spitzel waren.” Das Risiko aber nahm der Büttenredner auf sich. Eine Folge: “Zur Beerdigung meines Vaters durfte ich nicht in den Westen reisen.”

Acht Jahre später erteilte die Regierung dem heute 68-Jährigen sogar Redeverbot. Als Robinson Crusoe verkleidet, erzählte Voß damals von seinem Schiffbruch in der DDR, nahm die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft aufs Korn, kreidete Transitstrecken und finanzielle Ungerechtigkeit an. “Es ging uns nicht um den Spaß, sondern darum, etwas zu verändern”, betont Voß.

Immer gegenwärtig aber war die Angst vor Sanktionen. “Gerade hier im Grenzgebiet hatte die Regierung viele Druckmittel. Etwa den Entzug des Passierscheins, ohne den man nicht arbeiten konnte”, erklärt Voß.

Eine Wende in der Bütten-Tradtion erlebten die Tripkauer Karnevalisten mit dem Mauerfall. Anfangs lieferte die DDR-Vergangenheit noch ausreichend Stoff für Humor und Satire, erzählt Voß. Heute gebe es zwar auch genügend Anlass zur Kritik, doch: “Keiner lacht über Arbeitslosigkeit und Hartz IV.” Deshalb gingen die Redner dazu über, örtliche Politiker und Missstände anzukreiden.

“Doch ich kann auch nicht jedes Jahr die gleichen Unikate durch den Kakao ziehen”, sagt Voß lachend. Zumal dies auch in Zeiten der Meinungsfreiheit böse Konsequenzen haben kann. 2002 kritisierte ein Tripkauer Büttenredner die Arbeit einer Verwaltungsangestellten aus Amt Neuhaus. Die Frau ging vor Gericht und bekam Recht. Der Richter: “Karneval? Das gibt es doch hier gar nicht.”

“Unsinn”, sagt Ernst Wilhelm Voß. Für ihn ist Karneval das alljährliche Tripkauer Helau. Unentbehrlich sind hier seit mehr als 50 Jahren das Prinzenpaar, die tanzenden Funken-Mädchen und Gardisten, die Tanzpaare, Show-Einlagen und natürlich der Tusch der Kaarßener Blaskapelle, denn: “Blech gehört zum Fest dazu.”

Viel wichtiger als die politische Komponente des Karnevalsfestes sei mittlerweile die soziale. “Alle, auch die Weggezogenen oder Fans aus ganz Deutschland kommen zusammen” – für den Schlachtruf “Ob nüchtern oder blau – Tripkau Helau.”

 
Diese Webseite wurde kostenlos mit Homepage-Baukasten.de erstellt. Willst du auch eine eigene Webseite?
Gratis anmelden